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Warum stimmen die in den DDR-Karten vor 1990 eingetragenen Bohrpunkte hin und wieder nicht mit den angegebenen Koordinaten überein?

Vorgang:
a) Einträge erfolgten vom Ausführenden nach visuell erfasster Ortslage
b) Koordinaten stellte die Vermessung i.d.R. nach Kartographie zur Verfügung.

Ursache:
Nutzung unterschiedlichen topographischen Kartenmaterials
 
"Ein Beschluß des Nationalen Verteidigungsrates der DDR vom 13.10.1965, der in Zusammenhang mit der Konferenz der Staatlichen Geodätischen Dienste der sozialistischen Staaten in Moskau 1965 steht, sah u.a. vor, dass topographische Karten im einheitlichen Koordinatensystem 42 nur noch in den sogenannten "bewaffneten Organen": MfNV, MfS und MdI geführt werden dürfen. Von allen anderen bisherigen Nutzern waren die Karten einzuziehen und durch eine "Ausgabe für die Volkswirtschaft (AV)" – Karten, aus denen einheitlicher Blattschnitt, geodätische Netze, trigonometrische Punkte, Qualitäts- und Quantitätsangaben sowie andere "vertrauliche Angaben" entfernt sind – zu ersetzen. Karten für die Öffentlichkeit sollten zusätzlich unregelmäßige Maßstabs- und Richtungsverzerrungen und Ungenauigkeiten bis zu ±3 km aufweisen. ..."
(aus: http://www.bstu.bund.de/DE/Wissen/Publikationen/Publikationen/archivreihe_band-05.html)

"In der Historie sind Kartenfälschungen vor allem aus der Phase des 18. bis Anfang des 19. Jahrhunderts bekannt. Allerdings beschränkten sich diese zumeist auf die Umgebung militärisch besonders wichtiger Objekte. Mit der russischen Revolution und dem Bürgerkrieg kamen im „ersten sozialistischen Staat der Welt“ Fälschungen topographischer Karten wieder in Mode. Die von der dortigen kommunistischen Regierung strikt verordnete Geheimhaltung wurde im Laufe der kommenden Jahrzehnte schließlich bis zu Plänen mit einem Maßstab von 1 : 5 000 000 ausgeweitet. Das System fand nach der Errichtung der „Volksdemokratien“ ab 1945 auch auf diese Staaten Anwendung, in besonderem Maße in der DDR als dem am meisten westlich gelegenen Staat des ehemaligen Ostblocks. Kurios war im Vergleich zu früheren Fälschungen jedoch, dass sich der Staat durch eine weitaus überzogene Geheimhaltung letztlich selbst schwer schädigte. Die eigene Wirtschaft musste zum größten Teil mit verfälschten Karteninhalten arbeiten und so mit Fehlplanungen bzw. Fehlprojektierungen von Objekten rechnen. Waren die Probleme bereits aus Aufträgen aus der Vergangenheit bekannt, wurde das vorhandene Material daher an Ort und Stelle nochmals überprüft und den tatsächlichen Gegebenheiten angepasst, teilweise griffen die Verantwortlichen in den Kombinaten zur Umgehung solcher Schwierigkeiten auf Kartenmaterial zurück, welches bereits vor 1945 erstellt worden war. Beides war freilich mit zusätzlichem Zeitaufwand und Kosten verbunden, die letztlich auch nicht im Interesse der staatlichen Stellen liegen konnten.
...
Während in den ersten Serien, die Anfang der fünfziger Jahre erschienen, lediglich die Sperr- und Grenzgebiete besonders „bearbeitet“ (so die interne Bezeichnung für „verfälscht“) wurden, geriet seit Ende der fünfziger Jahre die Erstellung und Verbreitung aller topographischen Karten von Maßstäben bis zu 1 : 100 000 grundsätzlich zum Staatsgeheimnis.
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Seit 1963 hatten die topographischen Karten die Bezeichnung „Nur für den Dienstgebrauch“ zu tragen. „Gesamtpläne, Karten, Zeichnungen, technische Unterlagen und ähnliches von volkswirtschaftlich wichtigen Betrieben und Einrichtungen“ mussten als „Verschlusssachen“ geführt werden. Bei Missbrauch dieses Materials war eine Verurteilung nach § 14 Spionage, § 15 Sammlung von Nachrichten sowie § 367 Urkundenfälschung möglich.

Während der Zugang zu dem Material im Laufe der Zeit immer weiter erschwert wurde, wuchsen zugleich die Bedürfnisse der Volkswirtschaft nach detaillierten topographischen Karten. Um diese Ansprüche einigermaßen befriedigen zu können, wurde seit Mitte der sechziger Jahre neben der als „Vertrauliche Verschlusssache“ geheim gehaltenen „staatlichen“ Kartenserie (AS) eine speziell für die Volkswirtschaft vorgesehene Kartenserie (AV) produziert. Vor allem die ersten AV-Serien zeichneten sich jedoch gegenüber den AS-Karten durch Veränderungen aus, die berechtigterweise als „Kartenfälschungen“ bezeichnet werden können. So stimmten schon die Koordinaten beider Karten im Vergleich nicht überein, wodurch Verzerrungen entstanden. Gegenüber der AS-Karte war das AV-Material auch hinsichtlich der quantitativen Angaben z. B. zur Tragfähigkeit von Brücken, Straßenbreiten, Steigungen und Wassermengen von Talsperren gravierend reduziert. Ferner wurden die Bebauungsstrukturen, z. B. durch „Zerlegung“ größerer Gebäudekomplexe oder Ausradierung von Bahnanschlüssen vielfach geändert, so dass Rückschlüsse auf die Art der Objekte (Betriebe, militärische Objekte) nahezu unmöglich waren. Andere Gebäude wurden in den Karten entgegen ihrer tatsächlichen Lage gewendet, verschoben oder gelöscht. Größere Gebäude wurden in Einzelhaussiedlungen verwandelt, Fernverkehrs- und Landstraßen in Feld- und Waldwege. Eine besondere „Bearbeitung“ erfuhr natürlich auch der Grenzraum zur Bundesrepublik. Hier wurden teilweise die letzten Kilometer vor der unmittelbaren Grenzlinie überhaupt nicht dargestellt, Wege verändert oder gelöscht und andere – in der Realität nicht existierende – Verbindungen eingetragen, um potentielle Fluchtwillige zu irritieren.
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Erst in den achtziger Jahren wurden aufgrund der vielfachen Kritik der zivilen Kartennutzer die gröbsten Veränderungen in der Darstellungsweise im Vergleich zu den AS-Karten beseitigt. Dies war freilich in zweierlei Hinsicht viel zu spät: Weder der enorme Vertrauensverlust in das DDR-Kartenwesen, noch die heute nur grob zu schätzenden Schäden der eigenen Wirtschaft konnten durch eine solche Maßnahme auch nur annähernd ausgeglichen werden."

(aus: http://www.mitteleuropa.de/karten01.htm)

Die topographischen Landeskartenwerke der DDR -Historische Analyse- (Dissertation von Werner Schirm, 2013)
 

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