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		Zur 
		Berechnung der Grundwasservorrätevon DR. NORBERT MEINERT
 (Gekürzt aus einem Vortrag zum 
		Gedenkkolloquiums für Prof. Dr. Friedrich Stammberger anlässlich seines 
		100. Geburtstages am 15. Mai 2008 an der
 TU Bergakademie Freiberg;   
		kpl. veröff. GEOHISTORICA, Heft 4/2009)
 
		
		In den ersten Jahren 
		nach dem Ende des 2. Weltkrieges standen in der DDR zunächst die 
		Wiederherstellung der zerstörten kommunalen Trinkwasserversorgungen 
		sowie in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts die Verbesserung 
		der Wasserversorgung in den ländlichen Gebieten im Vordergrund (Gruppenwasserversorgungen, 
		Rinderoffenställe etc.). 
		
		Ein deutlicher 
		Entwicklungsschub vollzog sich mit dem Inkrafttreten des „Kohle- und 
		Energieprogramms“ ab etwa 1957.  
		
		Die Wasserwirtschaft 
		entwickelte zur Absicherung der Wasserversorgung in den für den 
		Braunkohleabbau vorgesehenen Gebieten der Lausitz und des 
		mitteldeutschen Raumes sowie der Kraftwerksstandorte u. a. die Konzepte 
		für Fernwasserversorgungen (FWV Lausitz, FWV Elbaue, FWV Rappbodetalsperre u.a.). 
		
		Diese Konzepte 
		erforderten ebenso wie der Aus- und Aufbau der Industriestandorte 
		Petrochemisches Kombinat und Papierfabrik Schwedt, Eisenhüttenkombinat 
		Stalinstadt, Chemiewerke Premnitz, Leuna, Bitterfeld sowie die 
		Notwendigkeit der Verbesserung der Trinkwasserversorgungen Rostock, 
		Berlin, Magdeburg, Dresden u. a. deutlich qualifiziertere und 
		umfangreichere Aussagen zur hydrogeologischen Situation und zu den 
		dauerhaften GW-Gewinnungsmöglichkeiten als die Jahre zuvor. 
		
		Die Beanspruchung des 
		Wasserhaushaltes erfuhr durch diese Programme sowie durch die künstliche 
		Bewässerung der sich intensiv entwickelnden Landwirtschaft eine 
		kritische Belastung. 
		
		
		Auf Grund der ungünstigen klimatischen Wasserbilanz betrug das 
		potenzielle Wasserdargebot in der DDR pro Einwohner nur 880 m³/Ew*a und 
		der Nutzungsgrad erreichte 36 % (BRD 1.750 m³/Ew*a.; Nutzungsgrad 15 %). Diese naturbedingte Restriktion des verfügbaren Wasserdargebotes auf der 
		einen sowie der hohe spezifische Wasserverbrauch von Industrie und Landwirtschaft 
		auf der anderen Seite führten zu einer Konfliktsituation bezüglich der 
		zeitlich und ortsbezogenen quantitativ und qualitativ ausreichenden 
		Wasserbereitstellung. Die Situation verschärfte sich in den Folgejahren. 
		Mehrfachnutzung und nicht ausreichende Abwasserreinigung führten zu 
		negativen Beschaffenheitsentwicklungen in den Gewässern. Das war dann 
		auch der objektive Grund dafür, dass die Erkundung und Erschließung von 
		Grundwasserressourcen zunehmend an Bedeutung gewannen und die 
		Anforderungen an die Genauigkeit bzw. Zuverlässigkeit der 
		Erkundungsergebnisse ständig zunahm. 
		
		Diese naturgegebene 
		Randbedingung des begrenzten potenziellen Wasserdargebotes forderte 
		einerseits den schonenden Umgang mit den Wasserressourcen sowie 
		andererseits intensive Forschungsarbeiten und eine hohe Genauigkeit für 
		den Nachweis der gewinnbaren Grundwasserentnahmen nahezu zwingend heraus. 
		Das war objektiv gesehen auch der Grund dafür, dass in der DDR nicht nur 
		im Vergleich innerhalb des RGW sondern auch z.B. zur alten BRD ein hoher 
		regionaler Kenntnisstand (Flächendeckende Hydrogeologische 
		Übersichtskarte 1 : 200 000 bereits 1968 – in der BRD erst 2004 !) sowie 
		hohe Standards für Erkundung und Berechnung sich entwickelten und 
		schließlich auch erreicht wurden.
 Die GW-Klassifikation der GW-Vorräte und die Instruktion zur Anwendung 
		der Klassifikation bildeten dabei einen verbindlichen Rahmen für die 
		Vereinheitlichung, Vergleichbarkeit und Qualitätsverbesserung der 
		GW-Vorratsberechnungen einschließlich ihrer umfassenden und 
		transparenten Dokumentation. Die integere Persönlichkeit von F. Stammberger und seine Fähigkeit, sein umfassendes Wissen mit Logik und 
		seiner Lebenserfahrung für eine konsequente Umsetzung der Klassifikation 
		zu nutzen, hatten einen entscheidenden
		Einfluss.
 
		
		Die 
		Zentrale Vorratskommission (ZVK und später die Staatliche 
		Vorratskommission StVK) war eine Autoritätsinstitution. Trotz 
		wirtschaftlicher und politischer Restriktionen und Zielstellungen der 
		Tagespolitik wurden stets Aspekte der Zukunft beachtet. Für 
		wissenschaftliche neue Erkenntnisse war man offen. Umweltschutz (Auswirkungen 
		des Grundwassereingriffs auch auf andere aquatische Systeme wie 
		Oberflächengewässer, Feucht- und Naturschutzgebiete) sowie die Relation 
		von Aufwand und Nutzen bzw. volkswirtschaftlicher Effizienz waren stets 
		im Blickfeld der Beurteilungen und Entscheidungen (Geologisch-ökonomische 
		Analyse). Nicht ohne Grund waren bestätigte Grundwasservorräte eine 
		zwingende Voraussetzung für die Durchführung wasserwirtschaftlicher 
		Investitionen. 
		
		Auf Initiative von H.-J. Weder und mit 
		Unterstützung von H. Hetzer begannen Verhandlungen mit den Organen der 
		Wasserwirtschaft. Im Mittelpunkt stand dabei der Doppelcharakter des 
		Grundwassers, das einerseits Bodenschatz und andererseits durch die 
		Einbindung in den meteorologischen Wasserkreislauf Teil der Gewässer ist.
		  
		
		H.-J. Weder begründetet die Zuständigkeit 
		der Geologie ausführlich und kam zu dem Schluss:„
		... dass 
		Grundwasserlagerstätten prinzipiell gleichen Gesetzen unterliegen wie 
		Lagerstätten anderer Minerale und dass sich aus der Gebundenheit an den 
		Wasserkreislauf nur eine Besonderheit des Grundwassers ergibt, die bei 
		hydrogeologischen Untersuchungen zusätzlich zu berücksichtigen ist ... .“
 [WEDER, 
		H.-J.: Zur Grundwasserklassifikation. – Z. angew. Geol., 8, S. 401 – 
		404, Berlin 1962]
 
		
		Es begann ein Disput zwischen dem Amt für 
		Wasserwirtschaft und der Staatlichen Geologischen Kommission bezüglich 
		der Zuständigkeit für das Grundwasser.  
		
		Eine gemeinsame Arbeitsgruppe wurde zur 
		Lösung der Probleme gebildet. Die erfolgreiche Tätigkeit dieser 
		Arbeitsgruppe dokumentiert die 9. Jahrestagung der Geologischen 
		Gesellschaft in der DDR im Mai 1962:„Dabei 
		wurde davon ausgegangen, dass das Grundwasser wegen seiner Teilnahme am 
		allgemeinen Wasserkreislauf einerseits zu den Gewässern zu rechnen ist, 
		andererseits aber als für sich getrennt gewinn- und nutzbarer Teil der 
		Erdrinde auch den Charakter des Bodenschatzes hat. ... Seine Erforschung, 
		Erfassung, Bilanzierung und Beherrschung ist nur in sinnvollem 
		Zusammenwirken der Wasserwirtschaft mit der Hydrologie zu erreichen.“
 [ROCHLITZER, 
		J.,: Die Anforderungen der Wasserwirtschaft an die Hydrogeologie zur 
		Sicherung des für die Entwicklung der Volkswirtschaft notwendigen 
		Wasserbedarfs. - Berichte der Geologischen Gesellschaft in der DDR, 8. 
		Band, Heft 1, S. 16 – 29, Berlin 1963]
 
		
		Die Abgrenzung der Zuständigkeiten sowie 
		die Grundsätze der Zusammenarbeit wurden schließlich in einer ersten 
		Vereinbarung zwischen dem Amt für Wasserwirtschaft und der Staatlichen 
		Geologischen Kommission 1962 fixiert.  
		
		Die zu diesem Zeitpunkt vorliegenden 
		Vorstellungen zur Grundwasservorratsklassifikation wurden in einer 
		Arbeitsgruppe der ZVK unter Leitung von Prof. Friedrich Stammberger 
		diskutiert und für die Veröffentlichung vorbereitet. Dieser Prozess war 
		sehr zäh und von sehr kontroversen fachlichen Standpunkten geprägt. Als 
		ein Mitglied dieser Arbeitsgruppe erinnert sich der Autor lebhaft dieser 
		Diskussionen.  
		
		Bestechend waren die Logik und die 
		konsequente, prägnante sprachliche und fachliche Diskussionsführung von 
		F. Stammberger. Obwohl er bezüglich des Grundwassers als „Seiteneinsteiger“ 
		zu bezeichnen war, belegt ein Artikel von 1966 diese Eigenschaften bzw. 
		die vom Autor empfundene Qualität der Verhandlungsführung und Kompetenz. 
		
		In einem Artikel 
		
		
		[STAMMBERGER, 
		F.: Einige grundsätzliche Bemerkungen zur ersten 
		Grundwasservorratsklassifikation der DDR. – 
		
		Z. angew. Geol., 
		12, S. 415 – 421, Berlin 1966]
		schätzt F. Stammberger die zwischen 
		1961 und 1963 geführte Diskussion ein und bereitet damit die 
		Verabschiedung einer Grundwasservorratsklassifikation vor. Klare 
		Begriffsdefinitionen vermisst er und setzt diese
		berechtigterweise für eine 
		erfolgreiche Verständigung voraus. In seiner wissenschaftlichen 
		Gründlichkeit geht er auf die Klassiker der deutschen Hydrologie und 
		Wasserwirtschaft zurück und leitet davon ausgehend seinen Standpunkt und 
		seine Vorschläge zu den aktuell notwendigen Begriffsdefinitionen ab.„Dieses Kapitel kann 
		nicht abgeschlossen werden, ohne eine nicht uninteressante Wissenslücke 
		unserer Hydrogeologen zu erwähnen. Ihre Forderung nach der Schaffung 
		einer Grundwasservorratsklassifikation wurde nicht selten mit Hinweisen 
		auf entsprechende Dokumente in den befreundeten sozialistischen Ländern 
		insbesondere in der UdSSR begründet. Nun gibt es in der Sowjetunion bis 
		heute jedoch weder eine Vorratsklassifikation für „Grundwasser“ noch für 
		„unterirdisches Wasser.“ 
		
		[STAMMBERGER, 
		F. 1966: s. o.]
 
		
		Er weist zwei Ursachen für die 
		Wissenslücken oder besser für die Missverständnisse nach. Die seit 1960 
		geltende „Klassifikation der Exploitationsvorräte des unterirdischen 
		Wassers“ bezieht sich zum einen nicht auf das Grundwasser nach 
		sowjetischer Definition und zum anderen nur auf das Liefervermögen.
		 
		
		In der sowjetischen Hydrogeologie wird 
		zwischen Grundwasser und Unterirdischem Wasser unterschieden. Das 
		erstere wird dem ersten unbedeckten Grundwasserleiter zugeordnet und 
		eine unmittelbare Verbindung zu den Oberflächengewässern postuliert. F. Stammberger 
		anerkennt dagegen die Einheit von Grund- und 
		Oberflächenwassersystemen unabhängig von der geologischen Position der 
		Grundwasserleiter und dem bereits definierten Doppelcharakter des 
		Grundwassers.  
		
		Der Begriff Exploitationsvorräte wurde 
		nach Meinung von F. Stammberger meist gedankenlos als 
		„Grundwasservorräte“ 
		ins Deutsche übersetzt, ohne sich inhaltlich damit auseinander gesetzt 
		zu haben. 
		
		Die Exploitationsvorräte sind in der o.g. 
		Klassifikation definiert: 
		„Unter 
		Exploitationsvorräten werden unterirdische Wassermengen in m3/d 
		verstanden, die durch in technisch-ökonomischer Hinsicht rationelle 
		Wasserfassungsanlagen bei einem vorgegebenen Exploitationsregime und bei 
		einer Wasserqualität erhalten werden können, die im Laufe der 
		vorgesehenen Wassernutzungszeit den Forderungen entspricht“. 
		
		[STAMMBERGER, 
		F.: s. o.]
 
		
		Die zu diesem Zeitpunkt bereits geltende „Klassifikation der Exploitationsvorräte des unterirdischen Wassers“ (Moskau 
		1960) sowie die Instruktion zur Anwendung der „Klassifikation der 
		Exploitationsvorräte des unterirdischen Wassers“ (Moskau 1961) bezieht 
		er dennoch in die Grundwasservorratsklassifikation ein, kopiert jene 
		jedoch nicht. In der DDR führte er dazu den Begriff des Liefervermögens 
		ein:„Die in den 
		Grundwasserlagerstätten berechneten Vorräte und das festgestellte Ausmaß 
		ihrer Erneuerungsmöglichkeit sind die Grundlage für die Ermittlung der 
		ständig oder im Laufe eines Zeitraumes zulässigen Entnahmemengen, dem 
		Liefervermögen (in m3/d) der Grundwasserlagerstätte bzw. 
		eines ihrer grundwasserführenden Gesteine.“
 [Klassifikation 
		der Grundwasservorräte der Deutschen Demokratischen Republik  - 1. Grundwasservorratsklassifikation vom 15.04.1966 - §1 Absatz 5 – Z. angew. 
		Geol., 12, S. 421 – 423, Berlin 1966]
 
		
		Für die Gradlinigkeit und die Konsequenz 
		im Denken und Handeln von F. Stammberger spricht das folgende Zitat aus 
		seinem o.g. Artikel:„Es erscheint auch 
		unrichtig, eine so limitierte Fördermenge als „Vorrat“ zu bezeichnen.
		Wir sehen deshalb in unseren Festlegungen gegenüber den
		sowjetischen der Jahre 1960/1961 nur 
		einen Fortschritt in der Formulierung und keinen grundsätzlichen 
		Unterschied in der Betrachtungsweise.“ 
		
		[STAMMBERGER, 
		F.: s. o.]
 
		
		Ein Ausdruck des langwierigen, 
		komplizierten Einigungsprozesses zwischen den Bereichen Wasserwirtschaft 
		und Geologie ist letztendlich die Tatsache, dass die 1. Grundwasservorratsklassifikation 
		erst am 15.04.1966 in Kraft treten konnte. 
		
		Und auch das folgende Zitat ist typisch 
		für Weitsicht und Cleverness von F. Stammberger: 
		„Die von der ZVK 
		herausgegebene erste Grundwasservorratsklassifikation wird in der 
		nächsten Zukunft ihre Bewährungsprobe bestehen müssen. Die Erfahrung 
		wird zeigen, ob sie Lücken und ungenügende Festlegungen aufweist. Sie 
		werden zur gegebenen Zeit ausgebessert werden.“ 
		
		[STAMMBERGER, 
		F.: s. o.]
 
		
		Die im weitere Verlauf jährlich zu 
		prüfenden und zu entscheidenden Grundwasservorratsberechnungen 
		erreichten einen Umfang, der ergänzend zum Zentralen Arbeitskreis 
		Grundwasser der ZVK die Bildung der regionalen Arbeitskreise Nord (Neubrandenburg) und Süd (Dresden) erforderte. In den regionalen 
		Arbeitskreisen wurden die Grundwasservorratsberechnungen für die 
		Einzelversorgungen bzw. kleineren und bestehenden Grundwasserfassungen 
		behandelt. 
		
		Im zentralen AK Grundwasser leistete Dr. Herbert Gläßer die Hauptarbeit mit der Überprüfung der 
		Vorratsberechnungen und der Koordination der externen
		Gutachter sowie später auch der 
		AK Nord und Süd. Eckert Christenfeld hat ihn dabei über fünf Jahre 
		unterstützt, bevor er zum VEB WAB Berlin wechselte. 
		
		Nach dem altersbedingten Ausscheiden von 
		Friedrich Stammberger aus dem aktiven Berufsleben wurde unter Leitung 
		von Conrad Goldbecher nach einer zwischenzeitlich erfolgten 
		Umstrukturierung der dem Ministerrat der DDR bis 1975 direkt 
		unterstellten ZVK zur Staatlichen Vorratskommission als Organ des 
		Ministeriums für Geologie die 
		2. Grundwasservorratsklassifikation mit 
		Datum vom 28. August 1979 erarbeitet. Sie trat mit Veröffentlichung im 
		Gesetzblatt der DDR – Sonderdruck 1979 vom 9. November – in Kraft. 
		
		Schließlich folgte die
		2. Grundwasser-Instruktion 
		mit Datum vom 1. Mai 1987, bestätigt durch den Minister für Geologie 
		M. Bochmann. 
		Bemerkenswert sind die drei Anhänge:  
		·        
		
		Anhang Nr. 1 Anlage 1 zur „Vereinbarung zwischen dem Ministerium für Geologie und dem 
		Ministerium für Umweltschutz und Wasserwirtschaft über geologische 
		Untersuchungsarbeiten auf Grundwasser“ vom 7. Februar 1984: Grundsätze 
		zur Erarbeitung von Konditionen für die Erkundung und Bestätigung von 
		Grundwasservorräten.
 
		·        
		
		Anhang Nr. 2 Festlegung zum Nachweis von Grundwasservorräten an bestehenden 
		Wasserwerken, - bestätigt am 01.12.1984 von
 
		
		            Fiedler, Staatssekretär für 
		Umweltschutz und Wasserwirtschaft sowieDr. Goldbecher, Vorsitzender 
		der Staatlichen Vorratskommission und Staatssekretär für Geologie
 
		·        
		
		Anhang Nr. 3Anlage 4 „Vereinbarung zwischen dem Ministerium für Geologie und dem 
		Ministerium für Umweltschutz und Wasserwirtschaft über geologische 
		Untersuchungsarbeiten auf Grundwasser“ vom 7. Februar 1984: 
		Grundwassererschließungsarbeiten lokaler Bedeutung.
 
		
		Der in der 1. Grundwasservorratsklassifikation 
		sowie in der 1. Grundwasser-Instruktion begrifflich zwar enthaltene 
		Begriff „zusätzliche Grundwasservorräte“, die durch technische Maßnahmen wie Uferfiltration und Grundwasseranreicherung entstehen, erhielt in der 
		2. Grundwasservorratsklassifikation sowie später in der 2. Grundwasser-Instruktion 
		eine eindeutige Aufwertung. Darin spiegelt sich der bereits behandelte 
		Konflikt zwischen ständig steigendem Wasserbedarf und dem natürlich 
		begrenzten Wasserdargebot wider. Die Lösung war für die Ballungsgebiete 
		die Mehrfachnutzung. Diese erfolgte auf Grund der Vorzüge (Schönung des 
		versickerten Oberflächenwassers, kostengünstig zu schaffender 
		unterirdischer 
		Speicherraum u.a.) über die Grundwasseranreicherung und die 
		Uferfiltration.  
		
		An dieser Stelle sei eine kritische 
		Bemerkung zur Ansicht von F. Stammberger bezüglich der „sich praktisch 
		nicht erneuernden Vorräte“ oder auch als „statische Vorräte“ 
		bezeichneten passiven Grundwasservolumina erlaubt.  
		
		F. Stammberger schreibt in seinem o.g. 
		Artikel von 1966 auf Seite 419:„Die als unantastbar 
		betrachteten sogenannten „statischen Vorräte“, die deshalb nach Meinung 
		einiger Fachleute auch nicht erkundet, berechnet und klassifiziert 
		werden sollen, sind keineswegs ein hydrogeologisch - wasserwirtschaftliches Tabu. Tatsächlich werden bei uns, wie in fast 
		allen Ländern mit großem Wasserbedarf, die „statischen Vorräte bereits 
		teilweise genutzt. Sie wurden und werden tatsächlich „angetastet. Und 
		dieses Antasten und sogar ihr völliger Abbau werden zukünftig zunehmen“.
 
		
		Es geht bei der kritischen Bemerkung um 
		den Abbau der statischen Vorräte oder besser der „sich praktisch nicht 
		erneuernden Vorräte“. Diese Grundwasservolumina sind Voraussetzung für 
		das „In-Gang-halten“ des natürlichen Wasserkreislaufes. Würden diese 
		Polster nicht existieren, würden die versickernden Niederschlagswässer 
		in die „ leeren Gesteinskörper“ (Poren, Klüfte oder Hohlräume) absinken 
		und den rezenten Wasserkreislauf mit allen negativen Folgen für die 
		Oberflächengewässer, für alle aquatischen Systeme sowie für die 
		Grundwassergewinnung unterbrechen. Und zwar solange, bis der 
		Auffüllvorgang wieder die Größe oder Höhe erreicht hat, die zu einem 
		Abfluss und damit zum wieder „In-Gang-setzen“ des Kreislaufes 
		Niederschlag - Verdunstung - Abfluss führt. Die großen 
		Absenkungstrichter des Braukohlenabbaus und die Flutungsproblematik nach 
		der Auskohlung oder Stilllegung der Tagebaue in der Lausitz, im 
		mitteldeutschen Revier aber auch im Erftgebiet sind für diesen Prozess 
		der beste Beweis. 
		
		Die Erhaltung dieses Polsters ist damit 
		für die Bildung und Gewinnung der sich erneuernden Grundwasservorräte 
		unverzichtbar. Selbstverständlich ist der Begriff „statische oder sich 
		praktisch nicht erneuernde Vorräte“ eine Abstraktion.[WEDER, 
		H.-J.: Z. angew. Geol., 8, S. 401 – 404, Berlin 1962]
 
		
		Auch diese Wasservolumina unterliegen 
		gewissen Austauschprozessen, die hydrochemisch, thermisch oder auch 
		hydrodynamisch verursacht werden. Sie spielen sich jedoch in sehr langen 
		Zeiträumen ab. Diese Bereiche, meist tiefliegender Grundwasserleiter, 
		werden in der Literatur verschiedentlich auch als „passive“ 
		Grundwasserzonen im Gegensatz zu den „aktiven“ im Bereich oberer 
		Grundwasserleiter mit unmittelbaren hydraulischen Verbindungen zu den 
		Oberflächengewässern bezeichnet 
		(u. a. von 
		B. Gabriel 
		und 
		G. Ziegler als “schnellfließende und langsamfließende Anteile der 
		Grundwasserneubildung.“). 
		
		Es ist jedoch falsch den statischer 
		Grundwasservorrat zu definieren “als 
		Teil des Grundwasservorrates, der nicht genutzt werden kann.“. 
		
		[ADAM, 
		C., GLÄßER, W., HÖLTING, B.: Hydrogeologisches Wörterbuch. – Stuttgart: 
		Enke, 2000. – 311 S. ISBN 3-13-118271-3] 
		
		Die statischen Grundwasservorräte bieten 
		die Möglichkeit der „Bewirtschaftung“ der Grundwasserlagerstätten, indem 
		Grundwasser zum Ausgleich von Verbrauchsspitzen mit Entnahmemengen, die 
		über der durchschnittlichen Größe der sich erneuernden 
		Grundwasservorräte im Jahresmittel liegen, aus den statischen Vorräten 
		zeitweilig entnommen werden können, unter der Voraussetzung, dass im 
		Jahresmittel oder auch einer längeren Periode durch Minderentnahmen ein 
		Ausgleich erfolgt. 
		
		Das wiederum hat F. Stammberger in seinen 
		Betrachtungen von 1963 richtig gesehen, wenn er im o.g. Zitat von „Antasten“ 
		schreibt. Schließlich wird mit der Definition des von ihm eingebrachten 
		Liefervermögens in die 1. Grundwasservorratsklassifikation vom 15.4.1966 
		diesem Aspekt Rechnung getragen:„Es sind zu berechnen:
 3.1     das 
		konstante Liefervermögen in m3/d;
 3.2     
		das maximale 
		Liefervermögen in m3/d bezogen auf eine definierte Zeit 
		während des Spitzenbedarfs;
 3.3     
		das 
		mittlere Liefervermögen in m3/d bezogen auf den 
		Jahresdurchschnitt für den Nutzungszeitraum.“
 
		
		  
		
		Was wurde aus der 
		Grundwasservorratsklassifikation und der Grundwasser-Instruktion nach 
		der "Wende" im Jahr 1990? 
		
		
		Das MfGEO( Ministerium für Geologie) und die StVK hatten kein Pendant in 
		der Bundesrepublik, sie verloren ihre Funktion.  
		
		Der wirtschaftliche Umbruch führte 
		innerhalb weniger Jahre zu einer Halbierung des Wasserverbrauchs.  
		
		Der in der DDR bereits 1962 vollzogenen „Vereinigung“ 
		zwischen Hydrogeologie und Wasserwirtschaft stand in der Bundesrepublik 
		die strukturelle und methodische
		Trennung zwischen Geologie und 
		Wasserwirtschaft modifiziert noch durch die föderale Struktur und 
		Eigenständigkeit der Bundesländer gegenüber.  
		
		Die Erkundung und Erschließung neuer 
		Grundwasserressourcen wurde zum Randgeschäft. In den Fokus des 
		wirtschaftlichen und öffentlichen Interesses rückte die Ermittlung, 
		Bewertung und Sanierung von ökologischen Altlasten. 
		  
		
		Bei der notwendigen Umstellung der 
		Arbeitsweise der Hydrogeologen war ein deutlicher Vorteil die straffe 
		Schule der STVK, d.h. die gute methodische Strukturierung der 
		Grundwassererkundung und Vorratsberechnung sowie die konsequente 
		Umsetzungskontrolle.  
		
		Die Richtlinie 2000/60/EG 
		des Europäischen Parlaments und Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung 
		eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der 
		Wasserpolitik – bekannt unter dem Kürzel WRRL – brachte eine Veränderung. 
		
		In der Präambel heißt es unter (4):„Die 
		europäische Umweltagentur hat am 10. November 1995 einen aktualisierten 
		Bericht über die Lage der Umwelt in der Europäischen Union für 1995 
		vorgelegt und auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Gewässer der 
		Gemeinschaft sowohl in qualitativer als auch quantitativer Hinsicht zu 
		schützen“
 
		
		Die Ziele der WRRL für das Grundwasser 
		sind: 
		
		- Vermeidung einer 
		weiteren Verschlechterung sowie Schutz und Verbessrung des Zustands der 
		aquatischen Landökosysteme und Feuchtgebiete im Hinblick auf den 
		Wasserhaushalt 
		-
		
		Förderung einer 
		nachhaltigen Wassernutzung 
		-
		Schrittweise 
		Reduzierung der Grundwasserverschmutzung und Verhinderung seiner 
		weiteren Verschmutzung  
		
		Artikel 4: Umweltziele 
		-
		Die Mitgliedsstaaten 
		schützen, verbessern und sanieren alle Grundwasserkörper und 
		gewährleisten ein Gleichgewicht zwischen Grundwasserentnahme und –neubildung 
		mit dem Ziel, spätestens 2015 einen guten Zustand des Grundwassers und 
		für alle signifikanten und anhaltenden Trends der 
		Schadstoffkonzentrationen eine Trendumkehr zu erreichen.  
		  
		Die erstmalige Beschreibung aller 
		GW-Körper (GW-Leiter) ist vorzunehmen, um zu beurteilen  
		
		„inwieweit 
		sie genutzt werden undwie hoch das Risiko ist, dass sie die Ziele gemäß Artikel 4 nicht 
		erfüllen.“
 
		
		Die erstmalige Beschreibung ist 
		flächendeckend vorzunehmen. Die Ergebnisse der erstmaligen Beschreibung 
		sind 
		
		-    die Voraussetzung zur 
		Identifizierung der Gebiete, die eine weitergehende Beschreibung 
		erfordern, für die 
		 GW-Körper, die keine weitergehende Beschreibung 
		erfordern, unmittelbar für die Erstellung von Maßnahmenprogrammen nach 
		Artikel 11, 
		
		-    Bewirtschaftungsplänen nach Artikel 
		13 und Anhang VII sowie 
		
		-    
		
		für die Umsetzung der Bestimmungen 
		nach Artikel 7, 8 und Anhang V (GW-Monitoring) zu nutzen. 
		
		Die erstmalige Beschreibung setzt daher 
		die Analyse und Bewertung sehr komplexer Zusammenhänge in der Einheit 
		von  
		
		-      
		Gewässernetz und Klima (Rahmenbedingungen), 
		
		-      
		GW-Leiter (Gefäß), 
		
		-      
		GW-Körper (Volumen), 
		
		-      
		GW-Bedeckung (Schutzaspekt), 
		
		-      
		GW-Neubildung (Regenerierung der 
		Ressource), 
		
		-      
		GW-Dynamik, 
		
		-      
		GW-Beschaffenheit, 
		
		-      
		Flächennutzung (punktförmige / 
		diffuse Schadstoffquellen) und Schutzgebiete, 
		
		-      
		grundwasserrelevante Landökosysteme 
		(FFH, NSG) und Oberflächenwasserkörper sowie 
		
		-      
		GW-Monitoring (Realitätsprüfung) 
		
		voraus.  
		
		Nach Anhang II der 
		EG-Wasserrahmenrichtlinie ist die weitergehende Beschreibung derjenigen 
		GW-Körper (GW-Leiter) vorzunehmen, bei denen im Rahmen der erstmaligen 
		Beschreibung ein Risiko hinsichtlich der Erreichung der Umweltziele 
		ermittelt wurde. Eine weitergehende Beschreibung ist auch generell 
		notwendig bei GW-Körpern, die sich über die Grenze zwischen zwei oder 
		mehreren Mitgliedstaaten hinaus erstrecken. 
		
		Aufgabe der weitergehenden Beschreibung: 
		1. Eine genauere Ermittlung der 
		Ursachen und der Beurteilung des Ausmaßes, die Umweltziele nicht 
		erreichen zu können. 
		2. Ermittlung der Maßnahmen, die nach 
		Artikel 11 erforderlich sind, um die Umweltziele bis 2015 zu erreichen. 
		3. Bei gegebenen Voraussetzungen die 
		Inanspruchnahme von Ausnahmeregelungen zu begründen (Artikel 4). 
		
		Die weitergehende Beschreibung erfordert 
		eine detaillierte Betrachtung der raumzeitlichen Beschaffenheits- und 
		Mengenentwicklung im identifizierten GW-Körper bzw. dem zugehörigen 
		Einzugsgebiet. 
		
		Dies bedeutet in erster Linie eine größere 
		Bearbeitungstiefe der Daten und Informationen, die im Rahmen der 
		erstmaligen Beschreibung betrachtet wurden. 
		
		  
		Rückblick 
		
		In der kritischen 
		Auseinandersetzung mit den Begriffsdefinitionen der Bereiche 
		Wasserwirtschaft und Geologie 1966 schrieb F. Stammberger:„Die 
		Wirtschaft interessiert sich unmittelbar nicht so sehr für die ruhenden 
		und sich nicht erneuernden Vorräte, sondern dafür, welche Wassermenge 
		kontinuierlich oder diskontinuierlich (zeitlich begrenzt oder unbegrenzt) 
		für die Wasserversorgung auf Grundwasserbasis gewonnen werden kann. Das 
		und nur das ist die Besonderheit des hydrogeologischen 
		Erkundungsauftrages.
 Anders 
		ausgedrückt: Wenn die Vorräte und die hydrogeologischen Verhältnisse 
		hinsichtlich des unterirdischen Zuflusses neuer Wassermengen geklärt 
		wurden, steht vor dem Hydrogeologen eine weitere nur für sein 
		Arbeitsgebiet zutreffende Aufgabe: Er muß angeben, welche Wasserabgabe 
		der Schichten des betreffenden Gebietes für eine Nutzung möglich ist.“.
 
		
		Und weiter:„Sie 
		(die 
		GW-Vorratsklassifikation)
		hat nur eine einzige Aufgabe: einheitliche 
		Grundsätze für die Berechnung und die Klassifizierung festzulegen. Sie 
		legt weder fest noch erläutert sie , wie das zu geschehen hat.“ 
		
		
		[STAMMBERGER, 
		F.: s. o.]
 
		  
		  
		Rückblickend ist festzustellen, 
		die GW-Klassifikation der GW-Vorräte und 
		Instruktion zur Anwendung der Klassifikation bildeten einen 
		verbindlichen Rahmen für die Vereinheitlichung, Vergleichbarkeit und 
		Qualitätsverbesserung der GW-Vorratsberechnungen einschließlich ihrer 
		umfassenden und transparenten Dokumentation.
 Die ZVK und später die STVK leisteten bei 
		der Überwindung der bis 1990 bestehenden Konfliktsituation zwischen 
		Wasserbedarf und dem naturbedingt limitierten Wasserdargebot einen 
		hervorragenden Beitrag zur Entwicklung der Hydrogeologie.
 Die straffe „Qualitätskontrolle“ der 
		Vorratsberechnungen war für die Erkundungsgeologen mit einer 
		Qualifizierung verbunden, die sie befähigte den mit der Zäsur 1990 
		entstehenden Wechsel der Aufgaben nahtlos und erfolgreich zu meistern.
 
		
		  
		
		Schließlich hat sich mit der WRRL die 
		ganzheitliche Behandlung der Grundwassererkundung in der Einheit von 
		Grund- und Oberflächenwasserkreislauf, wie sie in der 
		Grundwasservorratsklassifikation manifestiert war, bestätigt. Mehr noch, 
		die geologisch-ökonomische Analyse, wie sie von F. Stammberger 
		eingeführt wurde, findet in den Forderungen der WRRL zur Bestimmung der 
		Ressourcenkosten und der wirtschaftlichen Analyse eine Fortsetzung. 
		  
		
		Bewahren wir uns dieses Wissen und 
		entwickeln es weiter, um die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen!  
		  
		Ausblick:Der Klimawandel wird in den Regionen, für die ein Rückgang der 
		Niederschläge und auf Grund der Erwärmung eine gesteigerte Verdunstung 
		prognostiziert werden, das in den Jahren von 1960 bis Mitte der 90er 
		Jahre des vorigen Jahrhunderts (Wiederanstiegsprobleme in den ehemaligen 
		Braunkohlebergbaugebieten) gesammelte Know-how zur sinnvollen und 
		notwendigen Bewirtschaftung der Grundwasserressourcen unter Einschluss 
		der sich praktisch nicht erneuernden Vorräte herausfordern.
 
		
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