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Zur Organisation der staatlichen Geologie
in der DDR

Mit der Neustrukturierung der Volkswirt­schaft nach der Wende wurde 1990 auch im Osten Deutschlands die seit langer Zeit üb­liche und bewährte Einordnung der Geolo­gie wieder durchgesetzt  und die von zen­tralistischen Prinzipien der sozialistischen Wirtschaft bestimmte Stellung als "Indus­trie­zweig" überwunden. Beispielhafte Darstellun­gen dazu finden sich bei Eichner & Hart­mann (1993) sowie Hoth & Freyer (1993).

Der nachstehende Beitrag soll rückblickend die wesentlichen Etappen bei der staatli­chen Einordnung der Geologie und ihrer Überspitzung in der DDR aufzeigen.

 1. Erste Schritte zum Aufbau eines geologischen Organs der DDR

Sitz der Preußischen Geologischen Lan­desanstalt und des nachfolgenden Reichs­amtes für Bodenforschung war die Invali­denstr. 44 (Abb. 1 und 2) in Berlin-Mitte, wo das mit der Gründung der Anstalt errichtete repräsenta­tive Gebäude nach und nach erweitert wurde. Mit dem Untergang des faschisti­schen Reiches war 1945 auch die Tätigkeit dieser Einrichtung zu Ende. Das Ge­bäude war im Krieg beträchtlich zerstört wor­den (Abb. 1), noch 1950 waren im Haupt­bau nur wenige Räume nutzbar, die meiste Arbeit spielte sich im Mittel- und Nord­bau ab. Die Archiv- und Bibliotheksbe­stände waren während des Krieges zu großen Teilen ausgelagert worden, teilweise in alten Kalischächten, die sich nach 1945 auf dem Gebiet der westli­chen Besatzungszonen befanden.

Nur wenige Mitarbeiter waren noch vorhan­den, die 1945 eine Tätigkeit in dem zerstör­ten Dienstgebäude wieder aufnehmen konnten. Die ersten Arbeiten waren auf die Wiederbeschaffung und Sicherung der Ar­chivbestände gerichtet, so weit sie zugäng­lich waren, und auf die Durchführung von geologischen Aufgaben im örtlichen Rah­men, z.B. Sicherung der Wasserversor­gung, die Untersuchung der Möglichkeiten einer Braunkohlenförderung in der Umge­bung von Berlin und die Vorbereitung einer generellen geologischen Bestandsaufnah­me in den Bergwerken auf dem Gebiet der sowjetischen Besatzungszone.

Die Wiederaufnahme der geologischen Ar­beiten wurde durch die Besatzungsmacht in Form der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) unterstützt, auf der Grundlage des Befehls Nr. 101 der SMAD vom 16.10.45 konnte am 1. November 1945 durch den Präsidenten der damaligen Zen­tralverwaltung für Brennstoffindustrie, Prof. Friedensburg, die "Geologische Landes­anstalt in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands" eröffnet werden.


Das Gebäude der ehemaligen Preußischen Geologischen Landesanstalt
(z.Z.
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung der Bundesrepublik Deutschland)
[Bild aus: http://www.bgr.bund.de/DE/Themen/Sammlungen-Grundlagen/GG_Sammlungen/Berlin/Geschichte/geschichte_inhalt.htm]

Bild z.Z. nicht verfügbar (ersatzweise siehe obiges Bild)

Durch Kriegswirren stark zerstörtes Dienstgebäude in der Invalidenstr. 44, Sitz der ehemaligen Geologischen Landesanstalt, aus dem Jahre 1948 (aus: Hetzer 1969: Abb. 3)

 Als Präsident dieser Anstalt wurde ein lei­tender Mitarbeiter des ehemaligen Reichs­amtes, Prof. O. Barsch, eingesetzt. Er mußte mit einer komplizierten Situation fer­tig werden und hatte die geforderten geolo­gischen Aufgaben mit unzureichenden Mit­teln zu bewältigen. Dazu kam das Bestre­ben, unter den Aspekten des beginnenden Kalten Krieges die noch vorhandenen Be­stände gegenüber den auch in den westli­chen Besatzungszonen im Entstehen begrif­fenen geologischen Einrichtungen zu schüt­zen. So wurde der Versuch des britischen Majors Gunther verhindert, Unterlagen über die Erdöl-Erkundung zu beschaffen.

Prof. Barsch verstarb im Oktober 1946 und wurde durch Prof. Dr. Erich Lange ersetzt, wohl mehr wegen seines Lebensweges als seiner wissenschaftlichen Verdienste. Er stammte nach seinen eigenen Angaben aus einem Elternhaus überzeugter Sozialisten, arbeitete vor dem ersten Weltkrieg als Geologe in Afrika, geriet dann in Internie­rung und war in den zwanziger Jahren als Sachverständiger für mineralische Rohstof­fe in der Handelsvertretung der UdSSR in Berlin tätig gewesen. Während dieser Zeit arbeitete er auch als Geologe bei der Ent­wicklung der Braunkohlenförderung im Moskauer Becken und anschließend wieder in einer sowjetischen Handelsgesellschaft.

Später war er zeitweise im Reichsamt für Bodenforschung tätig und fand dann auf der Grundlage seiner vor dem ersten Weltkrieg in Afrika gesammelten Erfahrungen eine Beschäftigung im Reichskolonialbund. In dieser Eigenschaft befand er sich 1945 an der Bergakademie Freiberg. Dort setzte er sich nach der Wiedereröffnung aktiv für die Säuberung des Lehrkörpers von Kräften des Nationalsozialismus ein, arbeitete in dem 1945 gebildeten sowjetischen wissen­schaftlich-technischen Büro "Kohle" und wurde im Januar 1946 durch den Bevoll­mächtigten für Brennstoffindustrie und Energie der SMAD, General Kurmazev, zum Professor für Brennstoffgeologie an der Bergakademie Freiberg ernannt.

Mit seinem Einsatz als Präsident der Lan­desanstalt wurde für eine den damaligen Verhältnissen entsprechende klare politi­sche Linie an der Spitze dieses Organs ge­sorgt.

Auch die Stellung der Geologie bei der Überwindung der Kriegsfolgen und dem Neuaufbau der Wirtschaft wurde bald be­stimmt. Am 27.04.48 unterzeichnete der Vorsitzende der damaligen Deutschen Wirt­schaftskommission, Heinrich Rau, das Sta­tut der Geologischen Landesanstalt in der sowjetischen Besatzungszone (veröffentlicht im Zentralen Verordnungsblatt ZVO, Teil B, 1948, S. 171). In Absatz I des Statutes heißt es:

"-  Durch Beschluß der Landtage aller Län­der sind alle Bodenschätze der sowjeti­schen Besatzungszone Deutschlands zum Volkseigentum erklärt worden.

 -  Die Geologische Landesanstalt hat die Aufgabe, das Gebiet der sowjetischen Be­satzungszone nach geologischen, geophy­sikalischen, bergmännischen und anderen Methoden mit dem Ziel zu erforschen, die für die Weiterentwicklung von Industrie und Landwirtschaft des neuen demokratischen Deutschlands benötigten Unterlagen zu lie­fern."

Es ist interessant, daß der zweite Anstrich fast wortwörtlich mit dem entsprechenden Passus in §3 der Verordnung über die Er­richtung einer Reichsstelle für Bodenfor­schung vom 10.03.39 (Reichsgesetzblatt, Jahrgang 1939, Teil I) übereinstimmt, nur daß es dort "Deutschland" statt "sowjetische Besatzungszone" heißt und natürlich von einem neuen demokratischen Deutschland nicht die Rede war.

Weiter war die GLA, wie sie damals kurz genannt wurde, verpflichtet, "zu bestimmten Terminen eine Nachweisung über die Vorrä­te an mineralischen Rohstoffen..." vorzule­gen.

Damit war eine grundsätzliche Linie für die staatliche Geologie vorgegeben, die bis zum Ende der DDR Bestand haben sollte. Die geologische Forschung und die Erkundung von Bodenschätzen waren voll eingebunden in das System der zentralen staatlichen Planung und Leitung. Alle geologischen Untersuchungen wurden zur Aufgabe des Staates erklärt, der ihre Durchführung durch entsprechende staatliche Organe und volkseigene Betriebe zu organisieren hatte.

Die Geologische Landesanstalt genügte bald nicht mehr diesen Anforderungen. Im Ok­tober 1950 befaßte sich die Regierung der DDR mit der Situation in der Geologie und beschloß am 19.10.50 Maßnahmen zur Reorganisation der geologischen Arbeiten in der DDR. Dieser Begriff der "Reorgani­sation" sollte die Geologie in der DDR noch über lange Jahre begleiten, im­mer dann, wenn die erwünschten Ergebnis­se ausblieben, wurden Wege zur Erhöhung der Effektivität in veränderten Organisati­onsformen gesucht.

Zurückschauend läßt sich einschätzen, daß die zahlreichen Strukturveränderungen nicht zu den erwarteten Effektivitätserhöhungen führ­ten. Das Erfordernis einer systemati­schen wissenschaftlichen Arbeit wurde da­mit nicht unterstützt, sondern behindert, da sich die auf einem bestimmten Gebiet einge­arbeiteten Wissenschaftler oft in eine völlig neue Aufgabe hineingesetzt wieder­fan­den.

Wesentlicher Inhalt des Beschlusses vom Oktober 1950 war es, "die zentrale staatli­che Leitung und Planung tiefer zu verankern und gleichzeitig eine breitere Basis für die operative Durchführung geologischer Arbei­ten zu schaffen". Es wurde festgelegt, eine dem Ministerpräsidenten unterstellte Geo­logische Kommission zu bilden und ihr als ausführende Organe einen Geologischen Dienst, einen Geophysikalischen Dienst (aus dem später der VEB Geophysik her­vorging) und eine Vereinigung volkseigener Bohrbetriebe nachzuordnen. Im damaligen Ministerium für Planung der DDR war ein Fachgebiet für Naturschätze und geologi­sche Erkundungsarbeiten zu schaffen.

Die Umsetzung dieses Beschlusses blieb auf halbem Wege stecken. Es erfolgte zwar die Bildung der Staatlichen Geologischen Kommission, ihre Unterstellung unter den Ministerpräsidenten oder später den Vorsit­zenden des Ministerrates der DDR machte deutlich, welche Bedeutung der geologi­schen Arbeit beigemessen wurde, aber die bis dahin bestehenden Außenstellen der Geologischen Landesanstalt in den damali­gen Ländern der DDR wurden nicht in den Geologischen Dienst eingegliedert, sondern existierten weiter als Außenstellen dieser Geologischen Kommission. Damit war die Vermengung von staatlicher Leitung und operativer Durchführung der Arbeiten nicht abgeschafft, sondern verstärkt, da bestimm­te zentrale Aufgaben aus der Befugnis die­ser Außenstellen herausgelöst und direkt von der Zentrale in Berlin angeleitet wurden. Der Bohrbetrieb war für die gesamte Palette der Arbeiten von Bohrungen auf Erdöl-Erd­gas bis zur Kieslagerstättenuntersuchung zuständig.

Auch an der Spitze erfolgte eine Verände­rung, Prof. Lange verlor mit der Auflösung der Landesanstalt seinen Posten als Präsi­dent und übernahm die Leitung des Geolo­gischen Dienstes, Leiter der neu gebildeten Staatlichen Geologischen Kommission wurde Karl Neumann, eine bis dahin in der Geologie unbekannte Person.

Im Dezember 1956 befaßte sich das Präsi­dium des Ministerrates der DDR erneut mit der Situation auf dem Gebiete der Geologie und faßte erneut einen Beschluß zur Durchführung der geologischen Erkun­dungsarbeiten, in dem der Leiter der Staat­lichen Geologischen Kommission verpflich­tet wurde, aus den bis dahin bestehenden Außenstellen in Freiberg, Jena, Halle und Schwerin Geologische Dienste zu bilden sowie einen VEB Erdöl-Erdgas zur Siche­rung der zunehmenden Aufgaben bei der Erkundung von Kohlenwasserstoff-Lager­stätten zu schaffen. Bei der Umsetzung des Beschlusses wurde der Geologische Dienst Berlin in einen Zentralen Geologischen Dienst umgebildet und ihm die Geologi­schen Dienste unterstellt. Der Brandenbur­ger Raum und Berlin wurden zunächst von Schwerin aus bearbeitet, dann aber noch ein Geologischer Dienst Mitte mit Sitz in Berlin eingerichtet.

Trotz der damit möglichen Verteilung der Aufgaben nach regionalen Gesichtspunkten blieb es bei einer starken Zentralisierung. Wichtige Erkundungsobjekte, wie die Unter­suchungsarbeiten auf Kupferschiefer in der Lausitz oder auf Blei-Zink-Erze im Freiber­ger Raum blieben als "Objektgruppen" der Zentrale in Berlin direkt unterstellt. Die nach Rohstoffgruppen eingesetzten Berliner "Zentralgeologen" spielten eine gewichtige Rolle. Lediglich auf dem Gebiet der Erdöl-Erdgas-Erkundung wurde mit der Bildung des Betriebes in Gommern, der bald in ein Kombinat umgewandelt werden sollte, eine einheitliche Arbeit durchgesetzt, die jedoch wiederum maßgeblich von Beschlüssen des Politbüros der SED und des Ministerrates der DDR gelenkt wurde.

An der Spitze der Staatlichen Geologischen Kommission änderte sich zunächst nichts, Karl Neumann blieb weiter der Leiter. In das Jahr 1956 fällt jedoch ein weiterer wichtiger Regierungsbeschluß, die Bildung einer "Zentralen Vorratskommission für minerali­sche Rohstoffe". Das ist ein Organ, das es in den Ländern außerhalb des sozialisti­schen Wirtschaftssystems nicht gab, es wurde nach sowjetischem Vorbild geschaf­fen und war darauf gerichtet, die Kontrolle des Staates über die Durchführung und die Ergebnisse der geologischen Erkundungs­arbeiten weiter zu verstärken.

Ausgangspunkt war der Umstand, daß bis dahin die Berechnung der Vorräte in erkun­deten Lagerstätten nach unterschiedlichen Methoden erfolgte und oft keine Vergleich­barkeit gegeben war. Mit der Bildung der Zentralen Vorratskommission, oder ZVK, wie sie kurz genannt wurde, entstand ein Organ für die Herausgabe verbindlicher Richtlinien zur Berechnung und Klassifizie­rung von Lagerstättenvorräten sowie für die Begutachtung und Bestätigung von Vorrats­berechnungen.

Die Bedeutung, die diesen Aufgaben zuge­messen wurde, wird daran deutlich, daß die ZVK einem Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates direkt unterstellt wurde, sie stand damit neben der Staatlichen Geologischen Kommission und war Kontrol­lorgan für sie, genau so wie für die gesamte bergbautreibende Industrie. In die Invest­ordnung wurde ein Passus aufgenommen, der die von der ZVK bestätigte Vorratsbe­rechnung zu einer unerläßlichen Vorausset­zung für die Durchführung von Investitionen im Bergbau machte.

In der Verordnung vom 03.05.56, veröffent­licht im Gesetzblatt der DDR, Teil I/1956, S. 387, wurden als wesentliche Aufgaben der Zentralen Vorratskommission festgelegt:

-   Kontrolle und Bestätigung aller Berech­nungen für Vorräte mineralischer Roh­stoffe,

-   Erarbeitung einheitlicher Vorratsklassifi­kationen,

-   Formulierung und Herausgabe von In­struktionen und Arbeitsanweisungen für die verschiedenen Rohstoffe und Lager­stättentypen,

-   Kontrolle der Durchführung geologischer Erkundungsarbeiten,

-   Jährliche Erarbeitung von Übersichten über die Vorräte an mineralischen Roh­stoffen (Vorratsbilanzen) und Aufbau ei­nes Lagerstättenarchivs der DDR.

Als Vorsitzender der Zentralen Vorrats­kommission wurde Friedrich Stammberger eingesetzt, der die wesentlichen Vorarbeiten für ihre Bildung geleistet hatte und der sich in den nächsten Jahrzehnten zu einer der bedeutsamsten Persönlichkeiten in der Geologie der DDR entwickeln sollte. Er war erst 1954 aus der Sowjetunion zurückge­kehrt, in die er 1933 emigriert war. Sein Le­ben bis dahin ist bewegt. Im Deutschland vor 1933 war er als Leiter einer Bildagentur der KPD journalistisch tätig.

Auch nach der Emigration arbeitete er in der UdSSR zunächst auf diesem Gebiet weiter. Dann verschlug es ihn nach Nordsibirien, über die näheren Umstände hat er sich nie geäußert, er arbeitete in einer Expedition zur geologischen Untersuchung der Nickel­erzlagerstätte Norilsk und fand so die Be­rührung mit der Geologie. Nach dem Krieg nahm er ein Fernstudium der Geologie auf, das er 1954 als Dipl.-Berging.-Geologe ab­schloß, dieser Abschluß entspricht unserem Diplomgeologen mit einer verstärkten berg­männischen Ausbildung. Bei seiner bald nach der Rückkehr in die DDR einsetzen­den wissenschaftlichen Arbeit und Veröf­fentlichungstätigkeit, die zur Promotion und zur Berufung als Honorarprofessor führte, kam ihm zweifellos seine journalistische Ausbildung zugute.

Unter seiner Leitung begann eine umfang­reiche Tätigkeit zur Schaffung des Regel­werkes für die Arbeit der ZVK. Diskussionen mit ihm waren oft langwierig, da er von einer einmal gefaßten Meinung schwer abzubrin­gen war. Auch verstand er es manchmal, recht theoretische Fragen aufzuwerfen, über die zu diskutieren oft schwer war.

Durch die fordernde Persönlichkeit Stamm­ber­gers kam es auch bald zu Aus­einan­der­set­zungen mit der Leitung der Staatlichen Geologischen Kommission. Sie führten dazu, daß er zunächst aus seinen Funktionen ausscheiden mußte und eine Tätigkeit im Uranerzbergbau bei der SDAG Wismut aufnahm, aber bald kehrte er zu­rück und wurde 1958, neben seiner Aufga­be als Vorsitzender der ZVK, auch als Leiter der Staatlichen Geologischen Kommission und des Zentralen Geologischen Dienstes eingesetzt. Prof. Erich Lange wurde weiter zurückgenommen, er arbeitete im Archiv und übernahm dann die Chefredaktion der neu gegründeten Zeitschrift für angewandte Geologie.

 2. Zentrale Einordnung der staatlichen Geologie

Eine erneute tiefgreifende Umwandlung der Struktur der staatlichen Geologie erfolgte mit Beginn des Jahres 1961. Die Staatliche Geologische Kommission (StGK) war zu dieser Zeit der Staatlichen Plankommission der DDR direkt unterstellt, bestand also ne­ben den damaligen Industrieministerien in einer eigenständigen Rolle. Diese Indus­trieministerien wurden 1961 aufgelöst und als Organ für die Leitung der volkseigenen In­dustrie der Volkswirtschaftsrat gebildet, ein riesiger Superkonzern, der aus nach In­dus­triebereichen geordneten Abteilungen be­stand und dessen Vorsitzender der obers­te Chef der Volkswirtschaft der DDR war. Im gleichen Jahr wurde auch die Staat­liche Geologische Kommission diesem Be­reich zugeordnet und unterstand einem der Stell­vertreter des Vorsitzenden des Volks­wirt­schaftsrates.

Mit dem Beschluß der Staatlichen Plan­kommission vom 19.11.1960, der am 16.12.1960 durch den Ministerrat der DDR bestätigt wurde, sollte die "bisher größte und entscheidende revolutionäre Umwäl­zung der geologischen Forschung und Er­kundung in der DDR" erreicht werden, "um den Sozialismus in der DDR auf allen Ge­bieten zum Siege zu führen" (Zeitschrift für angewandte Geologie 7 (1961), S. 331). Die beschlossene Veränderung hatte folgende Zielstellungen:

1.       Die enge Einbeziehung der Staatlichen Geologischen Kommission in das System der Staatlichen Plankommission ermög­licht die zentrale und straffe staatliche Leitung und Koordinierung aller geologi­schen Arbeiten in der Deutschen Demo­kratischen Republik.

2.       Die Bildung der Erkundungsbetriebe führt zur Überwindung der bisherigen Tren­nung von Geologie und Technik und zur vollen Durchsetzung der sozialistischen Ökonomik in der geologischen Erkun­dung.

3.       Die Bildung von Bezirksstellen für Geo­logie mit dem Status einer Abteilung des Wirtschaftsrates bei den Räten der Be­zirke erhöht und festigt die Rolle der örtli­chen Staatsorgane bei der Leitung von Industrie und Landwirtschaft auf ihren Territorien.

4.       Die Bildung des Zentralen Geologischen Instituts als wissenschaftliches Zentrum der Staatlichen Geologischen Kommis­sion schafft durch die umfassende wis­senschaftliche Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Geologie und Ökonomie der geologischen Erkundung Vorausset­zungen für die Anwendung der moderns­ten Erkenntnisse der Wissenschaft."

Der erste Punkt des Beschlusses ist etwas irreführend, da die wirtschaftsleitende Funk­tion der Staatlichen Plankommission inzwi­schen auf den Volkswirtschaftsrat überge­gangen war und damit auch die Zuordnung der StGK zu diesem Organ erfolgte.

Der Beschluß hatte die Auflösung der Geo­logischen Dienste zur Konsequenz, unange­tastet blieben nur die Staatliche Geologi­sche Kommission als Leitungsorgan und die ihr bereits unterstehenden volkseigenen Betriebe VEB Erdöl-Erdgas-Kombinat und VEB Geophysik. Aus den Geologischen Diensten wurden durch Zusammenlegung mit Teilen des VEB Geologische Bohrungen drei regional zuständige Erkundungsbe­triebe gebildet, die VEB Geologische Er­kundung SÜD in Freiberg für die Bezirke Dresden, Karl-Marx-Stadt (Chemnitz), Leip­zig und Cottbus, WEST in Halle mit einer Außenstelle in Jena für die Bezirke Halle, Gera, Suhl, Erfurt und Magdeburg sowie NORD in Schwerin für die Bezirke Schwe­rin, Rostock, Neubrandenburg, Frank­furt/Oder und Potsdam.

Der Geologische Dienst Mitte ging in den VEB Geologische Erkundung Nord ein, mußte jedoch einen Teil seiner wissen­schaftlichen Kapazität an das neu gebildete Zentrale Geologische Institut abgeben. Die Aufgaben der Grundwassererkundung wur­den zunächst in die VEB Geologische Er­kundung mit eingegliedert, erst im Jahre 1965 wurde ein eigenständiger VEB Hydro­geologie mit Sitz in Nordhausen geschaffen. Das Zentrale Geologische Institut als "wissenschaftliches Zentrum" der StGK ging im wesentlichen aus den Kapazitäten des Zentralen Geologischen Dienstes hervor.

Eine wohl nicht so beabsichtigte Konse­quenz der Bildung der Erkundungsbetriebe war der Umstand, daß die Bohrmeterleis­tung zur zentralen Kennziffer aufrückte, da sie sich ökonomisch am besten erfassen und bewerten ließ. Das geologische Ergeb­nis trat in den Hintergrund, da es nicht mit ökonomischen Kennziffern verbunden war. Als Leiter der StGK schätzte F. Stamm­berger (1958) ein: "Bei der Beurtei­lung des Erreichten ist in Zukunft von der sogenannten Meter-Ideologie abzukommen, d.h. nicht die Meterzahl einer Bohrung, son­dern  das Ergebnis ihrer vielseitigen und gründlichen geologischen Auswertung ist ein Maßstab vollwertiger Arbeit". In der Fol­gezeit wurden vielfache Versuche unter­nommen, durch "Qualitätssicherungspro­gram­­me" das geo­logische Ergebnis mehr in den Mittelpunkt der Abrechnung der Planaufgaben zu rüc­ken, ohne daß jedoch eine befriedigende Kombination von technischer Leistung und geologischem Ergebnis gefunden werden konnte.

Auch die Einführung des "Vorratsplanes", in dem die nachzuweisende Menge an Lager­stättenvorräten zum Ausdruck kam, oder die Entwicklung von "Vorratspreisen" führten zu keinem befriedigenden Ergebnis. Bohrme­terleistungen und Nachweis von Lagerstät­tenvorräten ließen sich eben nicht einfach miteinander verbinden, und die Bruttopro­duktion des Betriebes als Maß für alle Dinge, für die Planerfüllung und die Zufüh­rungen zum Prämienfonds, wurde weiter über die Bohrmeter abgerechnet.

Mit der vollen Einordnung der Geologie in die sozialistische Volkswirtschaft war auch immer wieder die Diskussion um die Stel­lung und das "Produkt" des "Industriezwei­ges" Geologie verbunden. F. Stammberger formulierte 1970 aus Anlaß des Erscheinens der "Politischen Ökonomie des Sozialismus und ihre Anwendung in der DDR":

"In allen sozialistischen Ländern hat ge­genwärtig die geologische Erkundung ... den Charakter eines  Industriezweiges an­genommen".

Aus dieser Sicht ergaben sich die Fragen, ob die geologische Erkundung nun Lager­stätten oder nur Informationen über solche pro­duziert, ob sie Nationaleinkommen schafft oder den Nationalreichtum mehrt. Eindeutig zu handhabende Regelungen konn­­ten nie gefunden werden, die Abrech­nung der Ergebnisse der geologischen Er­kundung blieb immer mit subjektiven As­pek­ten behaftet, im Prinzip lebte der "Indus­trie­zweig" von der nach 1968 be­trächt­liche Dimensionen annehmenden Erd­gasförderung (zeitweise wurde mehr als die Hälfte des Gas­bedarfs der DDR aus der Lagerstätte Salz­­wedel-Peckensen in der Altmark gedeckt).

In späteren Jahren, nach der Einordnung der Zentralen Vorratskommission in das System des Ministeriums für Geologie, wurde die bestätigte Vorratsberechnung für ein Erkundungsobjekt zum bestimmenden Kriterium für die Abrechnung der Betriebe. Eine nicht bestätigte, d.h. nicht den durch Instruktionen gesetzten Forderungen ent­sprechende Vorratsberechnung konnte ei­nen Erkundungsbetrieb in ökonomische Schwie­rig­keiten bringen, da dann die durch Kredite vorfinanzierten Erkundungsarbeiten nicht gegenüber dem Staatshaushalt abge­rechnet werden konnten.

Als positiv muß jedoch hervorgehoben wer­den, daß es durch die zentrale Einordnung der Geologie möglich wurde, das heute 5 Bundesländer umfassende ehemalige Terri­torium der DDR nach einheitlichen Prinzipi­en flächendeckend geologisch zu bearbei­ten. Solche Ergebnisse wie das Lithofazies­kartenwerk Quartär 1 : 50 000, das Hydro­geologische Kartenwerk 1 : 50 000 oder die Gesamteinschätzung des Ressourcenpo­tentials an Braunkohle zeugen von der Leis­tungsfähigkeit, die große Kollektive bei ein­heitlicher, nicht durch föderative Strukturen eingeengter Leitung erreichen können.

Die starke Zentralisierung ermöglichte aber auch das Durchsetzen von Maßnahmen, die nicht auf die Entwicklung des Schöpfertums des Individuums, sondern auf dessen volle Einbindung in die Organisation gerichtet wa­ren. Eine auf die breite Diskussion der er­zielten neuen Ergebnisse gerichtete Veröf­fentlichungstätigkeit, wie sie kennzeichnend für wissenschaftliche Einrichtungen ist, war nicht möglich, da jede Art von Veröffentli­chungen durch staatliche Festlegungen re­glementiert war. Anfangs waren das noch relativ kleine Bereiche, die aber dann mehr und mehr willkürlich ausgedehnt wurden und schließlich fast die gesamte geologi­sche Tätigkeit im Bereich der staatlichen geologischen Organisation der DDR umfaß­ten.

Generell verboten waren zum Beispiel Veröffentlichungen über das Tertiär insge­samt, über geochemische Untersuchungen oder die Ergebnisse der tiefen Bohrungen zur Erforschung des Untergrunds im Nord­teil der DDR. Die gerade auf diesen Gebie­ten erzielten neuen Ergebnisse und Er­kenntnisse konnten erst nach 1990 einer breiteren wissenschaftlichen Erörterung zu­gänglich gemacht werden oder stecken heute noch in den Archiven.

Auch die vollständig überzogenen Geheim­haltungsbestimmungen wirkten sich nicht nur hinderlich auf die Arbeit aus, sondern führten in wachsendem Maße zur Diskrimi­nierung von Wissenschaftlern, da sie wegen ihrer "Westverwandtschaft" von der Bear­bei­tung bestimmter Aufgaben ausge­schlos­sen werden konnten.

An die in allen 14 Bezirken der DDR nach und nach gegründeten Bezirksstellen für Geologie wurden Aufgaben von lokaler Be­deutung auf den Gebieten der Hydrogeolo­gie, der ingenieurgeologischen Baugrundun­tersuchung und der Erkundung von Kies-, Sand- und Tonlagerstätten übertragen. Sie waren disziplinarisch in die Räte der Bezirke (die jeweiligen Bezirksverwaltungen) einge­ordnet, erhielten ihre fachliche Anleitung aber weiter durch die Staatliche Geologi­sche Kommission, zu einem späteren Zeit­punkt erfolgte ihre Umbenennung in "Abteilung Geologie des Rates des Bezir­kes", mit unveränderter Aufgabenstellung.

Mit der Einrichtung der geologischen Be­zirksstellen wurde aber eine wesentliche Voraussetzung dafür geschaffen, um die letzten Endes doch überzentralisierten Er­kundungsbetriebe von Aufgaben örtlicher Bedeutung zu entlasten. Sicher wäre das auch mit den Landesanstalten der ehemali­gen Länder möglich gewesen, aber die staatliche Struktur der DDR verlangte nach Institutionen auf Bezirksebene.

Im Zuge der generellen Bildung von Verei­nigungen Volkseigener Betriebe (VVB) in der Volkswirtschaft der DDR wurde etwa 1962 aus dem VEB Erdöl-Erdgas-Kombinat die VVB Erdöl-Erdgas gebildet, 1963 erfolg­te die Zusammenfassung der VEB Geologi­sche Erkundung Nord, Süd und West sowie später des VEB Hydrogeologie zur VVB Feste Minerale. Die Wahl dieses Begriffes war nicht gerade glücklich, sie sollte den Unterschied zum dominierenden Erdöl-Erd­gas ausdrücken. Im Jahre 1966 erfolgte die Umbenennung in VVB Geologische For­schung und Erkundung, diese Bezeichnung trugen dann auch die Erkundungsbetriebe. Sie wurden weiter umorganisiert, es existier­ten dann ab 1978 nur noch zwei VEB Geo­logische Forschung und Erkundung in Halle und in Freiberg mit Außenstellen in Schwe­rin, Jena und Berlin.

Gemeinsames übergeordnetes Organ der beiden VVB blieb die Staatliche Geologi­sche Kommission, selbständig blieb weiter der VEB Geophysik in Leipzig, der ihr direkt, ohne Einordnung in eine VVB unterstellt war.

An der Spitze der Staatlichen Geologischen Kommission gab es mehrfach Veränderun­gen. Im Zuge der generellen Strukturände­rung zog sich Stammberger von seiner Funktion als Leiter der Kommission zurück und widmete sich wieder hauptamtlich dem Vorsitz der Zentralen Vorratskommission. Neuer Leiter an der Spitze der StGK wurde Paul Meissner, der vorher als Betriebsdi­rek­tor in einem kleinen Steinkoh­lenbergwerk nördlich von Halle tätig war. Er trat bereits 1962 wieder ab und wurde er­setzt durch Gerhard Zindler, der sein Geologie-Studi­um in Moskau absolviert hatte und über Praxiserfahrungen als Leiter einer zentralen Objektgruppe für die Kup­ferschiefererkun­dung in der Lausitz verfüg­te.

Die nächste grundsätzliche Veränderung gab es im Jahre 1964. Die Leitung der In­dustrie erfolgte damals generell durch die Abteilungen des Volkswirtschaftsrates, und die Staatliche Geologische Kommission paßte irgendwie, auch mit ihrer direkten Zu­ordnung zu einem der Stellvertreter des Vorsitzenden des Rates, nicht mehr ins Schema. Dazu mit beigetragen hat wohl auch, daß die erwarteten großen Erfolge in der Erdöl-Erdgas-Erkundung ausgeblieben waren. Also wurde sie aufgelöst und aus Teilen ihres Personalbestandes die Abtei­lung Erdöl-Erdgas und Geologie des Volkswirtschaftsrates gebildet. Mit dieser Bezeichnung sollte nicht etwa zum Aus­druck kommen, daß Erdöl und Erdgas nichts mit Geologie zu tun haben, sondern die absolute Vorrangstellung dieses Kom­plexes hervorgehoben werden.

Der bisherige Leiter der StGK, Gerhard Zindler, verlor seine Funktion, Leiter der neu gebildeten Abteilung wurde Günther Seidelbach, ein Dipl.-Berging., der bis dahin als Technischer Direktor in einem Braun­kohlentagebau eingesetzt war. Innerhalb des Volkswirtschaftsrates wurde die Abtei­lung in einen Stellvertreterbereich gemein­sam mit der Kohleindustrie und der Ener­giewirtschaft eingegliedert. Damit war das zentrale Organ für die staatliche Geologie verschwunden, die Geologie war als "In­dus­trie­zweig" voll in das System der Lei­tung der In­dustrie der DDR eingeordnet. Für Fragen innerhalb der DDR ließen sich ohne Schwierigkeiten Querbeziehungen zu ande­ren Abteilungen des Volkswirtschaftsrates herstellen.

Der Leiter der Abteilung Erdöl-Erdgas und Geologie war anleitungsbefugt gegenüber den geologischen VVB, über das Ansetzen tiefer Bohrungen für die Erdgas-Forschung wurde zum Beispiel an seinem Tisch ent­schieden. Die Einordnung in den Volkswirt­schaftsrat brachte jedoch besonders in den Auslandsbeziehungen Komplikationen, da es nun beispielsweise das Zentrale Geolo­gische Amt der CSSR in Prag mit einem Stellvertreterbereich dieses Organs zu tun hatte.

Das "Traditionsgebäude" der Geologie in der Invalidenstraße war zu dieser Zeit Sitz der VVB Feste Minerale und des Zentralen Geologischen Instituts.

Aber dieses Zwischenspiel sollte auch nicht allzulange dauern.

Bereits im Jahre 1966 erfolgte die Auflö­sung des Volkswirtschaftsrates und die er­neute Bildung von Industrieministerien auf einer "höheren Stufe", mit anderer Zusam­mensetzung und veränderten Befugnissen gegenüber der Zeit vor 1960. Die Verant­wortung für die unmittelbare Leitung der In­dustrie wurde mehr und mehr in die Hände der Generaldirektoren der VVB gelegt, bei den Ministerien lag die grundsätzliche Anlei­tung und Kontrolle sowie die Verpflichtung zur perspektivisch vorausschauenden Ar­beit, was sie aber nicht hinderte, sich unmit­telbar in die Aufgaben der ihnen nachge­ordneten VVB und Betriebe einzumischen.

Aus dem Stellvertreterbereich "Kohle-Ener­gie-Geologie" des Volkswirtschaftsrates entstand so das Ministerium für Grundstoff­industrie. In dieses wurde auch die Geolo­gie mit eingeordnet, aber nicht als eigen­ständiger Bereich, da das den Prinzipien für den Aufbau des Ministeriums nach Quer­schnittsbereichen widersprochen hätte, sondern als Sektor in der Abteilung Wissen­schaft und Technik. Damit war der Minister für Grundstoffindustrie, Klaus Siebold, nun oberster Repräsentant der Geologie der DDR, nach außen ließ er in der Regel sei­nen Stellvertreter Karlheinz Rösiger wirk­sam werden. Für Fachfragen gegenüber den VVB und Betrieben der Geologie war der kleine Sektor Geologie zuständig.

 3. Auf dem Wege zum geologischen Mi­nisterium

Dieser Zustand der Einordnung der Geolo­gie in die Leitung der Volkswirtschaft war nicht lange zu halten - sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene machte sich das Fehlen eines zentralen Organs mehr und mehr bemerkbar und forderte zwingend nach entsprechenden Verände­rungen.

Anfang des Jahres 1967 befaßte sich der Ministerrat der DDR daher wiederum mit der Situation und erließ einen Beschluß zur Neuordnung der Geologie. Auf dieser Grundlage erfolgte im April 1967 die Bildung eines Staatssekretariats für Geologie. Damit war wieder ein eigenständiges zentrales geologisches Organ entstanden, das einem der Stellvertreter des Vorsitzenden des Mi­nisterrates unterstellt wurde. Ein wesentli­ches Kriterium und offizielle Orientierung bei der weiteren Festigung des "Industriezwei­ges Geologie" war der Um­stand, daß die DDR infolge des chronischen Devisenmangels auf die immer stärkere Nutzung der einheimischen mineralischen Rohstoffe angewiesen war.

W. Gotte formulierte 1974, "daß die DDR damit keinen außergewöhnlichen Weg be­schreitet, denn in den letzten Jahren  haben sich auch andere hochentwickelte Industrie­länder mit einem hohen Import an minerali­schen Rohstoffen stärker als bisher der Nutzung der Möglichkeiten auf dem eigenen Territorium zugewandt". Dabei spielte es aber in der DDR keine Rolle, daß der La­gerstättenabbau und die Rohstoffverarbei­tung, insbesondere bei Erzen, mit z. T. ho­hen Subventionen verbunden waren. Trotz dieser Situation wurden immer wieder um­fangreiche Programme entwickelt und durch­geführt, z.B. die komplexen geolo­gisch­-geophysikalisch-geochemischen Ar­beiten zur Neueinschätzung der Rohstoff-Führung in den Grundgebirgseinheiten des Südteils der DDR. Sie hatten jedoch zum Erfolg, daß Mitte der achtziger Jahre eine komplette geologischen Neubearbeitung für einen Großteil des Territoriums der DDR nach modernen Methoden vorlag.

Zum Staatssekretär für Geologie wurde Dr. Manfred Bochmann berufen, ein Ökonom, der bis dahin als Sekretär für Wirtschaft in der Bezirksleitung der SED im Uranerz­bergbau der SDAG Wismut tätig war. Sein Engagement für die neue Aufgabe wurde durch äußere Umstände begünstigt, bereits kurz nach seinem Wirksamwerden erfolgte die Entdeckung der großen Erdgaslagerstät­te Salzwedel-Peckensen. Eines seiner we­sentlichen Ziele bestand jedoch darin, den "Stellenwert" der Geologie weiter zu erhö­hen, denn ein Staatssekretariat als wirt­schaftsleitendes Organ war auch in der DDR eine Besonderheit. In den damals be­stehenden Industrieministerien führte der erste Stellvertreter des Ministers die Be­zeichnung Staatssekretär. In seinem Bemü­hen wurde er auch von den im Staatssekre­tariat tätigen sowjetischen Spezialisten un­terstützt. So kam es dann mit dem Beschluß des Ministerrates der DDR vom 13.06.1974 (Gesetzblatt der DDR, Teil I/1974, Nr. 33) zur Bildung des Ministeriums für Geologie.

 
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Invalidenstr. 44 heute. Im Dienstgebäude des vormaligen Zentralen Geologischen Institutes der DDR (ZGI) und der Berliner Außenstelle der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) befindet sich heute das Ministerium für Verkehr (Photo: BGR)

 Lag der wesentliche Grund für die Einrich­tung eines Staatssekretariats für Geologie 1967 vor allem im Anheben der Bedeutung der Geologie als selbständiger Zweig der Volkswirtschaft, so war die Bildung des Mi­nisteriums Ausdruck der Erhöhung der staatlichen Verantwortlichkeit für die kom­plexe geologisch-geophysikalische Untersu­chung des Territoriums der DDR mit dem Ziel des Nachweises neuer Lagerstätten mineralischer Rohstoffe sowie der Kontrolle ihrer Nutzung. Von wesentlicher Bedeutung war auch, daß die Erdöl- und Erdgasförde­rung nicht herausge­löst wurde, sondern voll in der Zuständigkeit des Ministeriums für Geologie verblieb.

Die gehobene Aufgabenstellung kommt auch in dem Statut des  Ministeriums, veröf­fentlicht im Gesetzblatt der DDR, Teil I/1975, Nr. 18 vom 28.4.75 zum Ausdruck, in dem als Aufgaben festgelegt werden:

-   Durchführung geologischer Forschungs-, Such- und Erkundungsarbeiten,

-   Kontrolle der erzielten Ergebnisse,

-   Staatliche Bestätigung erkundeter Lager­stättenvorräte,

-   Führung einer Bilanz der Lagerstättenvor­räte,

-   Organisation einer Rohstoff- und Lager­stättenwirtschaft,

-   Kontrolle der Rohstoffe nutzenden Berei­che der Volkswirtschaft.

Damit waren die Aufgaben als staatliches Organ der Geologie wesentlich ausgeweitet worden. Sie umfaßten nicht mehr nur die systematische geologische Erforschung des Territoriums der DDR mit dem Ziel des Nachweises neuer Lagerstätten, sondern auch die Kontrolle der Nutzung bereits in Abbau stehender oder neu nachgewiesener Lagerstätten. Dem Minister für Geologie wurde damit das Recht eingeräumt, von al­len Bereichen der Volkswirtschaft, in denen Lagerstätten mineralischer Rohstoffe ge­nutzt wurden, Auskünfte und Daten anzu­fordern sowie Kontrollen an Ort und Stelle durchzuführen.

Das hatte zur Konsequenz, daß die Zentrale Vorratskommission, der solche Aufgaben bisher übertragen waren, in das Ministerium eingeordnet werden mußte. Sie wurde um­benannt in "Staatliche Vorratskommission für mineralische Rohstoffe" (Gesetzblatt der DDR, Teil I/1975, Nr. 6 vom 31.1.75), und den Vorsitz in dieser Kommission übernahm ein Stellvertreter des Ministers, Dr. Konrad Goldbecher. Zusätzlich wurde eine Staatli­che Lagerstätteninspektion gegründet und ihr das Recht zu Kontrollen über "die volkswirtschaftlich effektive Nutzung der La­gerstätten" in allen Bergbaubereichen ein­geräumt. Diese Inspektion unterstand ebenfalls dem für die Vorratskommission zuständigen Stellvertreter des Ministers.

Um das erforderliche wissenschaftlich-or­ganisatorische Hinterland, insbesondere für die Führung einer Bilanz der Lagerstätten­vorräte zu schaffen, wurde in Dresden aus einer bis dahin recht kleinen und in die VVB Geologische Forschung und Erkundung eingeordneten Institution für die Untersu­chung von mineralischen Rohstoffen das Institut für mineralische Rohstoff- und La­gerstättenwirtschaft geschaffen.

Mit der Bildung des Staatssekretariats und des Ministeriums war aber auch der Weg frei für die weitere Durchsetzung von auf die Einschränkung der Persönlichkeit gerichte­ten Maßnahmen. Die Geheimhaltungsbe­stimmungen wurden weiter verschärft, als Staatsgeheimnis, d.h. mit dem höchsten Geheimhaltungsgrad versehen, waren zum Beispiel alle Ergebnisse aus einem 20-km-Streifen zur damaligen Grenze von BRD und Westberlin zu behandeln, das betraf eine Tiefbohrung ebenso wie eine Auf­schlußaufnahme im Gelände, die jeder Sachkundige hätte nachvollziehen können.

Den "Geheimnisträgern" einschließlich ihrer Familienangehörigen war jeder Kontakt zu in der BRD oder im westlichen Ausland le­benden Verwandten und Bekannten unter­sagt. Das bezog sich nicht nur auf die an ausgewählten Objekten arbeitenden Wis­senschaftler, sondern wurde auf alle in den Betrieben und Instituten eingesetzten Mitar­beiter ausgedehnt. Ein einfacher Sachbear­beiter in der Bibliothek hatte ebenso wie ein wissenschaftlicher Mitarbeiter über alle evtl. zustande gekommenen persönlichen oder brieflichen Kontakte Bericht zu erstatten. Ein Besuch von Tagungen, an denen aus­ländische Wissenschaftler teilnahmen, war vielen Mitarbeitern aus dem Bereich der staatlichen Geologie untersagt, diese Fest­legungen kulminierten dann darin, daß selbst für Tagungen mit Besuch von sowje­tischen Wissenschaftlern explizite Festle­gungen getroffen wurden, wer teilnehmen durfte und wer nicht.

Es ist ein trauriges Kapitel in der Geschichte des Ministeriums, daß Wissenschaftler und einfache Mitarbeiter, die sich diesen Be­stimmungen nicht fügen wollten, schonungs­los aus ihren Positionen entfernt wurden, oft mit weit herangezogenen oder konstruierten Argumentationen.

Die überzogenen Geheimhaltungsbestim­mungen führten nicht nur zu einer täglichen Behinderung und Einschränkung der wis­senschaftlichen Produktivität, da mit uner­hörter Bürokratie Rechenschaft über jedes einzelne Blatt Papier abgelegt werden mußte. Sie behinderten auch voll die Ent­wicklung der Geologie als Wissenschaft, da alle neuen Erkenntnisse sofort in den Pan­zerschränken verschwanden und selbst Diskussionen "von Zimmer zu Zimmer" nur bei Verletzung der Bestimmungen möglich waren. Einblicke in die Reglementierungen und Maßregelungen geben Ehmke (1991) und Puff (1994).

Die vom Zentralen Geologischen Institut im Auftrag des Ministeriums für Geologie her­ausgegebene "Zeitschrift für angewandte Geologie" lebte im wesentlichen von Beiträ­gen aus der Industrie und den Hochschulen. Die in den sechziger und Anfang der siebzi­ger Jahre noch lebhafte Zusammenarbeit zwischen den Instituten der staatlichen Geologie und den geowissenschaftlichen Bereichen der Bergakademie Freiberg und der Universität Greifswald erlitt immer mehr Einschränkungen, da die Geheimhaltungs­bestimmungen auch auf diese Zusammen­arbeit übertragen werden mußten und damit die Möglichkeit der Veröffentlichung von Untersuchungsergebnissen nicht mehr ge­geben war.

Die herausragenden Ergebnisse, die aber trotzdem von den Kollektiven und einzelnen Wissenschaftlern erzielt worden sind, zeu­gen von dem Bemühen, auch unter den ge­setzten Bedingungen alle Möglichkeiten für eine erfolgreiche wissenschaftliche Tätigkeit und die Entwicklung der geologischen Wis­senschaften auszunutzen.

Dem Ministerium waren in den siebziger Jahren nachgeordnet

-   die VVB Erdöl-Erdgas und die VVB Geo­logische Forschung und Erkundung,

-   der VEB Geophysik und

-   das Zentrale Geologische Institut (ZGI) sowie das Institut für mineralische Roh­stoff- und Lagerstättenwirtschaft (IfR).

Diese Grundstruktur und Aufgabenstellung des Ministeriums für Geologie sollten bis zum Ende der DDR Bestand haben. Eine Veränderung in den nachgeordneten Ein­richtungen gab es 1978, als in der DDR ge­nerell von der Arbeit mit den VVB abge­kommen und Kombinate als den Ministerien unterstellte Wirtschaftsorganisationen gebil­det wurden.

Das führte im Bereich des Ministeriums für Geologie zur Bildung des VEB Kombinat Erdöl-Erdgas unter Einbeziehung des VEB Geophysik und des VEB Kombinat Geologi­sche Forschung und Erkundung unter Ein­bindung des IfR Dresden, 1985 wurde auch das Zentrale Geologische Institut Berlin in dieses Kombinat eingegliedert. In beiden Instituten verblieben jedoch Aufgabenberei­che, die durch das Ministerium über die Kombinatsleitung direkt angeleitet und ge­steuert wurden, im ZGI zum Beispiel die re­gionalgeologische Grundlagenforschung für den Bereich Erdöl-Erdgas und im IfR die Lagerstättenbilanz und die rohstoffwirt­schaftliche Forschung.

Minister für Geologie blieb bis zur Auflösung des Ministeriums Dr. Manfred Bochmann.

 4. Das Ende der umfassenden staatli­chen Geologie

Mit den Veränderungen in der Regierung und Wirtschaft der DDR vor und nach der Eingliederung in die Bundesrepublik kam im Jahre 1990 auch das Ende des Ministeri­ums, es wurde, wie auch die anderen Indus­trieministerien, aufgelöst. Die Betriebe und Institute wurden zunächst von der Treuhand übernommen, die gewissermaßen als eine analoge Einrichtung zum Volkswirtschaftsrat anzusehen ist, allerdings ohne die produk­tionsorganisierenden Aufgabenstellungen. Die staatliche Verantwortung für die Suche und Erkundung von Lagerstätten war zu Ende, nach und nach erfolgte die Zerteilung und teilweise Privatisierung der Betriebe und Institute.

Ein Kreis schließt sich dabei - ein Teil der wissenschaftlichen Kapazität des Zentralen Geologischen Instituts wurde als Außenstel­le eingegliedert in die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, dem zentralen geologischen Organ der Bundes­republik. Und die Betriebe der Geologischen Forschung und Erkundung sowie die Abtei­lungen für Geologie bei den Räten der Be­zirke bildeten das natürliche Potential für die Einrichtung von Geologischen Landesan­stalten und Ämtern in den nach der Wende neu gebildeten Ländern.

Das traditionelle Gebäude der Geologie in der Invalidenstr. 44 war noch Sitz der Außenstelle der Bundesanstalt für Geowis­senschaften und Rohstoffe in Berlin und der aus dem Potential des ZGI hervorgegange­nen Gesellschaft für Umwelt- und Wirt­schaftsgeologie mbH, bis es im Zuge des Bonner Umzuges nach Berlin vom Ministe­rium für Verkehr übernommen wurde und damit seine über 120-jährige Bestimmung zu Ende ging.

Literatur:

Ehmke, G. (1991): Reglementierung, Maß­regelung und Diskriminierung - ein düste­res Kapitel DDR-Geologie. – Fundgrube, 27: 91-93.

Eichner,R. & Hartmann,O. (1993): Zur Tradition und Wiedergeburt staatlicher geologischer Einrichtungen in Sachsen-Anhalt. - Z. geol. Wiss., 21, 457-462.

Gotte, W. (1974): Aufgaben der Geowis­senschaften zur Erhöhung des Aufkom­mens an festen mineralischen Rohstof­fen.- Z. ang. Geol. 20: 438-443.

Hoth, K. & Freyer, G. (1993): Die Tätigkeit des "Runden Tisches Geologie Sachsen" von Februar bis Oktober 1990. -  Z. geol. Wiss., 21: 559-566.

Puff, P. (1994): Die Thüringer Geologische Landesanstalt in Jena - ein Rückblick. - Geowiss. Mitt. von Thüringen, 2: 217-234.

Stammberger, F. (1958): Erste Ökonomi­sche Konferenz der Staatlichen Geologi­schen Kommission am 4.11.58 in Leip­zig.- Z. ang. Geol., 5: 49-56.

Stammberger, F. (1974): Die Stellung der Ökonomischen Geologie im gesellschaft­lichen Reproduktionsprozeß.- Z. ang. Geol., 16: 217-222.

Hans Hetzer, Berlin

(Dieser Beitrag von Hans Hetzer wurde entnommen aus:
Nachrichten der Deutschen Geologischen Gesellschaft, Heft 69   II. Quartal 1999)

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Geschichte der BGR und ihrer Vorgängerorganisationen

 

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